News - Gemeinderat ist gegen 30 Minuten Gratisparkieren

14. Juni 2018
Der Gemeinderat beantragt dem Einwohnerrat, die Volksinitiative für eine halbe Stunde Gratisparkieren abzulehnen und nennt hier ausführlich zehn Gründe für seine Haltung.
Gewerbeverein und SVP haben vergangenen November eine Volksinitiative mit 1059 gültigen Unterschriften eingereicht. Diese verlangt, dass die erste halbe Stunde Parkieren in Herisau gratis sein soll, um den Einkaufsstandort zu stärken. Der Gemeinderat empfiehlt nun dem Einwohnerrat die Initiative aus mehreren Gründen zur Ablehnung.

1. Die 1993 eingeführte Parkplatzbewirtschaftung hat sich bewährt, das Ziel, den Suchverkehr zu verringern, die Parkierungsdisziplin und somit die Verfügbarkeit der Parkplätze für die Gewerbekunden zu erhöhen, wurde erreicht.

2. Die Initianten erhoffen sich Mehrumsätze bei den Gewerbetreibenden. Der Strukturwandel im Detailhandel ist jedoch ein schweizweites Problem, verursacht durch das Einkaufsverhalten der Konsumenten, den Einkaufstourismus und immer mehr den Onlinehandel. Der Gemeinderat glaubt nicht, dass eine halbe Stunde Gratisparkieren diese Tendenz bremsen kann.

3. Es ist eher das Gegenteil zu befürchten: Es könnte der Effekt eintreten, dass nach einer halben Stunde Gratisparkieren der nächste Gratisparkplatz angesteuert wird. So käme es nicht nur zu mehr Suchverkehr, sondern die Einkaufszeit könnte sich insgesamt sogar verkürzen, weil man gerade keinen zweiten Gratisparkplatz findet und auch nicht vom einen zum anderen Laden zu Fuss geht und dabei Spontaneinkäufe tätigt.

4. Der Anreiz, mit dem Auto ins Zentrum zu fahren, steigt. Dies führt nicht nur zu einer Erhöhung der Frequenzen zu Lasten der Fussgänger, der Velofahrer und der Automobilisten selber, sondern erhöht den Suchverkehr, belastet die Umwelt und senkt die Aufenthaltsqualität im Zentrum. Insgesamt dürfte somit die Verfügbarkeit von Parkplätzen im Zentrum sinken.

5. Daneben sprechen nach Ansicht des Gemeinderates praktische Probleme für eine Ablehnung der Initiative. So müssen die Parkuhren auch betätigt werden, wenn man nur eine halbe Stunde gratis parkiert, damit eine Kontrolle möglich bleibt. Wie Erfahrungen zeigen, wird dies oft vergessen, was zu Bussen führt und die Kunden verärgert. Die Kontrollen und Bussen wiederum sind nötig, damit die gerade vom Gewerbe gewünschte Rotation auf den Parkfeldern überhaupt funktioniert.
6. Die halbe Stunde Gratisparkieren müsste auch auf den Langzeitparkplätzen ausserhalb des Zentrums gelten. Dies macht keinen Sinn, da es nicht zum gewünschten Effekt führt, den Detailhandel im Zentrum zu stärken.

7. Auf den meisten privaten Parkplätzen würde die Gratisparkzeit nicht eingeführt (Spital, Gutenberg-Tiefgarage, Landi etc.). Es gäbe eine unübersichtliche Situation, wo welche Regelung gilt. Dies würde Automobilisten verunsichern und zudem eine Werbung mit der Gratisparkzeit verunmöglichen.

8. Ein Ja zur Initiative entspricht Mindereinnahmen von gut 60‘000 Franken. Die Spezialfinanzierung Parkplatzbewirtschaftung ist gerade kostendeckend. Soll dies so bleiben und künftig auch neuer Parkraum geschaffen werden können, ist auf das Gratisparkieren zu verzichten.

9. Ebenso wichtig wie die Parkplatzsituation ist die Attraktivität des Zentrums. Nur Orte, die ein Einkaufserlebnis in einer stimmungsvollen Umgebung anbieten können, haben eine Chance, dem Lädelisterben zu begegnen. Die Strategien zur Zentrumsentwicklung sehen deshalb vor, dieses in Herisau an sich vorhandene Potenzial in Wert zu setzen. Entsprechende Projekte hat die Gemeinde aufgegleist, brauchen aber aufgrund der Komplexität der Verhältnisse Zeit.

10. Das Stimmvolk hat das gleiche Ansinnen bereits einmal verworfen, 2009 mit 2206:2021 Stimmen.

Der Gemeinderat empfiehlt deshalb dem Einwohnerrat, die Initiative abzulehnen. Dieser wird voraussichtlich am 20. Juni über das Geschäft befinden. Stimmt er der Initiative zu, untersteht der Beschluss dem fakultativen Referendum, eine Volksabstimmung wäre nicht zwingend. Lehnt der Einwohnerrat dagegen die Initiative ab, kommt diese auf jeden Fall vors Stimmvolk.

Das mit der Volksinitiative angestrebte Ziel, das Einkaufen in Herisau attraktiver zu gestalten, ist nur mit einem aktiven Gewerbe, einem attraktiven, aufgewerteten Zentrum, einem liberalen Umfeld und genügend bewirtschafteten Parkplätzen möglich. Dafür ist ein gemeinsames Streben von Politik, Gewerbe, Liegenschaftsbesitzern und Bevölkerung notwendig.

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