News - Der Jobcoach als Türöffner

6. September 2018
Dank dem Jobcoach können sozialhilfebeziehende Personen wieder eine Arbeit finden, anstatt jahrelang von der Sozialhilfe abhängig zu sein. Auch weil Firmen ihnen eine Chance geben.

Radenka (Name geändert) ist 32, hat Berufserfahrung in den Bereichen Produktion, Verkauf, Sachbearbeitung und Fitness, aber ausser einem Handelsdiplom keine Ausbildung. Sie ist freundlich, engagiert, spricht sehr gut deutsch und drei weitere Fremdsprachen. Trotzdem lebt sie seit mehr als einem Jahr von der Sozialhilfe, als sie zum ersten Mal zu Petra Schwab kommt, die bei der Gemeinde Herisau im Pilotprojekt Arbeitsintegration als Jobcoach angestellt ist.

Radenka stellt keine hohen Ansprüche, sie möchte einfach wieder ein normales Leben führen und nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig sein. Nach drei Monaten Jobcoaching mit Lebenslauf anpassen, Bewerbungsschreiben verbessern und breiter nach Stellen suchen hat sie zunächst keine Arbeit gefunden. Aber im Unterschied zu vorher konnte sie sich einige Male vorstellen und scheiterte jeweils nur knapp. Dann, vor wenigen Tagen, die Wende: Nun kann sie ab Mitte September im Verkauf anfangen.

Alleinerziehende findet Job

Schneller Glück hatte Susanne (Name geändert). Die Alleinerziehende lebte von der Sozialhilfe. Weil sie ihre Kinder möglichst selber betreuen möchte, kann sie derzeit nur Teilzeit arbeiten, ist aber aktiv und gut vernetzt. Nach dreimaliger Beratung durfte sie in einem Herisauer Gastrobetrieb zur Probe arbeiten. Der Chef gab ihr eine Chance und stellte sie an. „Auch bei ihr war ein wichtiger Schritt, den Fokus zu öffnen auf andere Berufe, die zu ihrem Profil passen, aber nicht so naheliegend waren“, erklärt Petra Schwab.

Motivation ebenso wichtig

Einen guten Lebenslauf und ein realistisches Bewerbungsschreiben erstellen, Bewerbungsstrategien entwickeln, Vorstellungsgespräche üben und Kontakte zum Arbeitsmarkt herstellen sind die Aufgaben des Jobcoaches. Zentral sind auch die Stärkung des Selbstbewusstseins und der Motivation. Viele glauben nach Dutzenden von Absagen nicht mehr an sich und ihre Fähigkeiten und sind so noch weniger vermittelbar. Oder sie brauchen einfach jemanden, der sie immer wieder anstupft, auch neue Wege zu probieren.

Gesucht: Praktikumsplätze bei Firmen

Ebenso wie von der Person hängt es davon ab, ob es Gewerbetreibende gibt, die den Leuten eine Chance geben, auch wenn ihr Lebenslauf nicht gerade verlief. Petra Schwab ist im Herisauer Gewerbe gut vernetzt, „ich wäre aber froh, wenn ich eine Liste von etwa zehn Firmen hätte, die einmal im Jahr für drei Monate ein Praktikum anbieten würden“. Denn oft braucht es als Zwischenschritt ein Praktikum, um aus der Isolation und Perspektivenlosigkeit herauszukommen, die die lange Arbeitslosigkeit oft mit sich bringt. Häufig fassen die Klienten in einem Praktikum wieder Tritt und haben nachher deutlich höhere Chancen auf eine feste Stelle.

„Meine Klienten und Klientinnen würde niemand auf der Strasse als Sozialhilfeempfänger deklarieren. Es sind ganz normale Menschen, die weg wollen von der Sozialhilfe, um ein normales Leben zu führen. In so eine Situation kann heutzutage jeder kommen, sie haben es verdient, dass die Arbeitgeber ihnen eine Chance geben.“

Zwischenbilanz in Zahlen

Obwohl Petra Schwab erst seit Anfang Jahr tätig ist, kann sich die Zwischenbilanz des vom Gemeinderat bewilligten Pilotversuchs sehen lassen: Von den 18 bisher beratenen Personen haben fünf eine Arbeit gefunden, eine davon in Teilzeit, und eine weitere Person versucht, via zweiten Arbeitsmarkt Tritt zu fassen. Bleiben nur schon diese wenigen Personen werktätig, spart die Gemeinde deutlich mehr Sozialhilfe-Gelder als der Jobcoach kostet.

Susanne (Name geändert) kann dank dem Jobcoach in Teilzeit arbeiten und trotzdem ihre Kinder betreuen.
Susanne (Name geändert) kann dank dem Jobcoach in Teilzeit arbeiten und trotzdem ihre Kinder betreuen.

Zugehörige Objekte

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