Die wachsamen Augen des Hallenbades
Es ist ein gewöhnlicher Nachmittag im Hallenbad des Sportzentrums. Schulkinder springen vom Brett, zwei frischgebackene Mütter lassen sanft ihren Nachwuchs durch das Wasser gleiten und die älteren Herrschaften versammeln sich zur Gymnastikstunde. «Manchmal ist es hier an den Wochenenden so voll, dass du kaum noch das Wasser siehst», erklärt Gianni Frapolli. Der Bademeister mit dem grauen Haar und den tätowierten Armen sitzt auf einem erhöhten Stuhl in einem Büro mit grossen Fenstern zu allen Seiten. Monitore zeigen Unterwasseraufnahmen der Becken, an einem Bildschirm blinken grüne Lichter und an den Wänden hängen Dienstpläne. «Mein Alltag als Bademeister besteht nicht darin, auf dem Stuhl zu sitzen und zu warten, bis jemand zu ertrinken droht. Wir sind unter anderem auch für die Reinigung zuständig, setzen die Hausregeln durch, schlichten bei Problemen und helfen unseren Kursleiterinnen und Kursleitern bei ihren Vorbereitungen, damit alles geregelt abläuft.»
Unterschiede zwischen Frei- und Hallenbad
Die Arbeit eines Bademeisters geht weit über lebensrettende Massnahmen im Ernstfall hinaus. «Natürlich ist es unsere Aufgabe, den Menschen im Notfall zu helfen», so Gianni Frapolli. «Dafür absolvieren wir auch alle zwei Jahre einen Wiederholungskurs. Schliesslich musst du regelmässig üben, wie du auch jemanden aus dem Wasser bekommst, der doppelt so schwer ist wie du.» Aber neben der sozialen Kompetenz im Umgang mit den Gästen sei auch ein Interesse an technischen Geräten und Maschinen wichtig. «Wir entnehmen dem Wasser zweimal täglich eine Probe oder regulieren bestimmte Prozesse wie die Beigabe von Chlor und pH-Regulatoren, um die Qualität zu gewährleisten. Dazu kommt der Umgang mit unserem Sicherheitssystem, das automatisch Alarm auslöst, wenn sich jemand unter Wasser länger als zehn Sekunden nicht bewegt.» Gianni Frapolli selbst arbeitet seit bald 18 Jahren als Bademeister, zunächst im Nebenberuf, später als Haupterwerb. «Ich habe schon im Säntispark oder in einem Freibad in Zürich gearbeitet. Einem Bademeister hilft es, wenn er verschiedene Bäder gesehen hat. Die Anforderungen in einem Freibad sind beispielsweise ganz andere, weil die zu überwachende Fläche grösser ist als in einem Hallenbad. Und die Klientel in einer Stadt wie St. Gallen ist ein anderes als auf dem Land. Dementsprechend unterscheidet sich manchmal die Kommunikation mit den Gästen. Solche Erfahrungen helfen dir im Verlauf deiner Laufbahn.»
Eine Frage der Aura
Der berufliche Alltag fordert stets die volle Konzentration von Gianni Frapolli. «Du musst immer zwei wachsame Augen haben und erkennen, wo ein Problem entstehen könnte. Ich sage immer, es ist besser zu antizipieren, statt zu reagieren. Am besten löst du Probleme, bevor sie entstehen.» Dafür spiele die Kommunikation eine entscheidende Rolle. In den vergangenen Jahren hat Frapolli in diesem Bereich eine Veränderung bei den Menschen festgestellt. «Man spürt, dass wir gerade eine schwierige Zeit durchmachen», sagt er. «Zuerst kam Corona, dann die Energiekrise und die Inflation. Die Geduld ist bei vielen strapaziert.» Umso wichtiger sei es, dass er in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf bewahre. «Als Bademeister kannst du vieles über dein Auftreten steuern. Wenn unsere Gäste spüren, dass ich ihre Anliegen ernst nehme und eine gewisse Ruhe ausstrahle, können sie viel besser runterfahren – und dafür ist das Sportzentrum ja da.»
Derzeit sucht das Team der Bademeister noch eine Verstärkung. «Wir haben eine offene Stelle, die wir zeitnah besetzen möchten», so Frapolli (siehe QR-Code). «Bademeister sind eine aussterbende Spezies, weil gerade viele jüngere Leute heute eine andere Vorstellung haben, wie ihre Arbeitswelt aussehen soll. In zwei Schichten zu arbeiten, viel zu reinigen und auch mal mit anderen Menschen zu diskutieren, sagt nicht mehr jedem zu.» Er selbst schätze die Abwechslung im Beruf, kein Tag sei wie der andere. «Wenn ich das Hallenbad betrete, lasse ich meine Probleme draussen, weil mein Job meine volle Aufmerksamkeit benötigt.»
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