Neugestaltung Obstmarkt: Wie die Architekten den Marktplatz wiederum zum Zentrum Herisaus machen wollen

30. März 2022
Gut zwei Jahre nach Bekanntgabe des Siegerprojekts soll das Vorprojekt+ für die Neugestaltung und Sanierung des Obstmarkts fertig werden. Die Architekten haben während ihrer Arbeit am geografischen Zentrum Herisaus den Ort kennen und schätzen gelernt.

Zeitungsbericht vom 30. März 2022, mit freundlicher Genehmigung der Appenzeller Zeitung

Ramona Koller

Nachdem es 2020 als Sieger aus dem Wettbewerb zur Neugestaltung und Sanierung des Obstmarkts in Herisau hervorgegangen war, wurde es ruhig um das Projekt Hosestoss. Die «bbz landschaftsarchitekten» aus Bern, sowie die Raum- und Verkehrsplanerinnen und -planer des Büros Dudler aus Biel sind seither dabei, das von ihnen erarbeitete Projekt Schritt für Schritt auf dessen Machbarkeit zu überprüfen.

Tino Buchs ist Inhaber und Geschäftsführer der bbz landschaftsarchitekten und verantwortlich für das Projekt. Im Dialog mit den unterschiedlichen Nutzern und Akteuren auf dem künftigen Obstmarkt werde das Projekt geschärft und zu einem breit abgestützten Gesamtwerk geformt. «Dabei kommt uns neben einem engagierten Team, welches sich neugierig diesem ganz besonderen Ort widmet, auch die langjährige Erfahrung unseres Büros in der Planung öffentlicher Freiräume zugute», erklärt Buchs. Auch die Zusammenarbeit mit dem Büro Dudler Raum- und Verkehrsplanung sei keineswegs neu. Zahlreiche Projekte wurden bereits gemeinsam umgesetzt.

Unterstützung im Tiefbau erhält das Team durch Joos & Mathys Architekten und die B3 Brühwiler AG. Das gemeinsame Ziel ist, das Vorprojekt+ bis im Sommer abzuschliessen. Damit soll die Planungssicherheit erhöht werden. Dazu wurden bereits in einem frühen Stadium einige weitergehende Punkte vertieft abgeklärt. Entstehen soll schliesslich ein stimmiges Gesamtkonzept, das von den Werkleitungen im Untergrund über eine neue, gleichmässige Höhengestaltung des Bodens, der Pflasterung der Oberfläche bis hin zu Sitzmöglichkeiten, Brunnen und neuen Bäumen reicht. Gearbeitet wird im Situationsplan, in Schnitten, Ansichten sowie im 3D-Modell und ganz klassisch im Gipsmodell.

Im ständigen Kontakt mit den Beteiligten

Vieles müsse gezeichnet und errechnet werden, erklärt Buchs. Zahlreiche Sitzungen mit den Planungspartnern, in denen man sich verschiedenen Themen der Planung widmet und sich kritisch hinterfragt, stünden auf dem Programm. Auf der anderen Seite steht ein enger Austausch mit der Gemeinde Herisau, dem Kanton als Strasseneigentümer, der Denkmalpflege, den Anstössern und Nutzergruppen. «Mit den neuen Erkenntnissen dieser Anlässe kehren wir in unser Büro zurück und verarbeiten diese zu einem stimmigen Gesamtkonzept», erklärt Buchs.

Die erste Begegnung des Teams mit dem Obstmarkt habe bei der Startveranstaltung des Wettbewerbs stattgefunden. «Während das Wettbewerbsprogramm einen Einblick in die Bedeutung des Obstmarkts und die Wünsche und Ansprüche der Bevölkerung gibt, lassen wir bei der ersten Besichtigung vor Ort alle Eindrücke auf uns wirken», erinnert sich Buchs. Bei einem solchen Projekt könne der Blick einer Person von ausserhalb auch guttun, da sie mit einem neutralen Auge erfasse, welche Qualitäten, Schwächen, aber auch Chancen der Platz mit sich bringt.

Die Vision immer vor Augen

In den darauf folgenden Wochen habe ein Wechselspiel aus den Eindrücken vor Ort, den gegebenen Anforderungen und Fakten sowie der Eigenheit des Ortes stattgefunden. «Daraus entstand eine Vision, die wir bis heute vor Augen haben. Nun kommen nach und nach immer mehr Informationen hinzu, die wir von der Gemeinde, vom Austausch mit der Bevölkerung oder eigenen Beobachtungen erhalten», erklärt Buchs die Vorgehensweise.

Hierbei sei die grösste Herausforderung dennoch einen kühlen Kopf zu bewahren und die Gesamtidee nicht aus den Augen zu verlieren. Somit nähere man sich nach und nach einem Entwurf, welcher die Vision mit dem Ort und seinen Anforderungen in Einklang bringt. «Wir alle können es kaum erwarten, gemeinsam mit der Herisauer Bevölkerung den neuen Obstmarkt als zentralen Treffpunkt und lebendigen Marktplatz einzuweihen», so Buchs.

Sie hätten die Historie des Obstmarkts zum Kern des Entwurfs gemacht, weil diese das Team bereits im Wettbewerb begeistert habe. Die Idee des neuen Obstmarkts ist, einen zentralen, lebendigen Treffpunkt für Herisau zu schaffen. Die Gebäude am Obstmarkt stammen aus den unterschiedlichsten Zeiten und repräsentierten verschiedene Phasen der Entwicklung Herisaus, wie man es heute kenne, erklärt Buchs. Und weiter:

«Der Obstmarkt verbindet diese Gebäude und vielleicht ja auch die Herisauer, die sich den Platz wieder als das zu eigen machen, was er ursprünglich war: der Marktplatz im Zentrum Herisaus.»

Um der historischen Identität und Besonderheit des Ortes gerecht zu werden, könne sich das Architektenteam auf die Unterstützung der kantonalen Denkmalpflege, welche ihnen mit ihrer detaillierten Orts- und Fachkenntnis zur Seite steht, verlassen.

Von den Traditionen und Bräuchen in ihren Bann gezogen

Doch nicht nur die besondere Geschichte Herisaus, sondern auch die zahlreichen Bräuche und Traditionen der Region haben die Planenden in ihren Bann gezogen. So überrascht auch der Name des Siegerprojekts, Hosestoss, nicht. Buchs erklärt: «Am Brauch von Gidio Hosestoss hat uns vor allem beeindruckt, dass Herisau eine so engagierte Bevölkerung hat, welche diese Bräuche am Leben hält und auch die Jüngsten begeistern kann.» Für den Obstmarkt liege in diesen Bräuchen auch eine besondere Chance. Der neu gewonnene Platz soll neben dem Markt auch zum neu zu entdeckenden Begegnungsort werden. Buchs erklärt:

«Mit der grossen, gleichmässig geneigten Fläche des Obstmarkts wollen wir die Möglichkeit bieten, auch grössere Veranstaltungen an diesem einmaligen Ort stattfinden zu lassen.»

Aktuell wird in Herisau viel über die Gemeindefinanzen diskutiert. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder der Begriff «Nice to have»-Projekt. Beim Obstmarkt handle es sich aber um eine nötige Anpassung, hält Buchs fest. «Dem Projekt liegen dringend benötigte Sanierungen der Werksleitungen wie beispielsweise der Kanalisation oder der Elektroversorgung zugrunde», erklärt Buchs. Dies seien unbestreitbar notwendige Vorhaben, welche mit einem grossen finanziellen als auch materiellen Aufwand einhergehen.

Der Platz über den Leitungen muss nach diesen Arbeiten wiederhergestellt werden, weshalb es sich anbiete, in diesem Zug auch einige Verbesserungen am Platz umzusetzen. «Wir behalten bei der Ausarbeitung des Projekts aber stets die Kosten im Auge», erklärt Buchs.

Ein Platz, der wachsen und sich entwickeln soll

Während dies von der Gemeinde von Anfang an so geplant wurde, gibt es auch neue Elemente, wie Strassenbeläge und Randsteine sowie Sitzmöglichkeiten und Bäume. Man wolle hier auf möglichst nachhaltige Materialien und Bauweisen setzen, sodass sich die Investitionen für viele Jahre lohnen sollen. «Die neu gepflanzten Bäume wachsen über die Jahre und werden auch den nächsten Generationen noch Freude bereiten und Schatten spenden. Das ist das Schöne an öffentlichen Plätzen: sie wachsen und entwickeln sich mit der Belebung durch ihre Nutzenden», so Buchs. Man versuche für die Entwicklung die bestmögliche Grundlage zu legen und heute schon an die nächsten Generationen zu denken.

Der weitere Ablauf: Der Gemeinderatsentscheid soll bereits im Herbst erfolgen, wie der zuständige Gemeinderat Peter Künzle auf Anfrage mitteilt. Im Dezember könnte das Geschäft im Einwohnerrat behandelt werden. Im Juni 2023 schliesslich soll das Volk über das ausgearbeitete Vorprojekt+ abstimmen.

Visualisierung des Projekts Hosestoss.
Visualisierung des Projekts Hosestoss.

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